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Heute erreichte mich per Mail ein Gruß der Mutter in der Ferne.
Darin enthalten war dieses Gedicht. Wertvolle  & wichtige Erinnerung:
Gottes Reich und die Schulen
Wenn die Kinder die Schule mögen,
schleppen sie ihre Lieblingssachen an,
den Seeigel und die Glanzbilder, den Teddybär und das winzige Kätzchen.
Wenn die Studenten den Kurs mögen,
schleppen sie ihre Lieblingssachen an,
sie kündigen Filme an und Vorträge,
sie erwähnen Bücher und bringen Artikel mit,
sie schneiden aus der Zeitung aus
und sagen hast du das gesehen?
Wenn die Studenten nichts bringen außer den Hausaufgaben,
dann weiß ich etwas läuft falsch
und wir sind nicht so weit,
dass wir das leben miteinander teilen.
Das Reich Gottes kann erst kommen,
wenn wir in allen Schulen des Landes
werden wie die Kinder.
Dorothee Sölle
In: Leidenschaft für das Leben, ein Jahresbegleiter

Dieser Text erinnert mich an  das Projekt, dass ich im Rahmen meiner Magisterarbeit durchgeführt habe. Da ich die Klasse noch nicht kannte, bat ich die Kinder, in der ersten Stunde einen Gegenstand mitzubringen, der für sie wichtig ist (dieser war dann auch das erste Objekt in ihrem Portfolio – bzw. ihrer ‚Schatzkiste‘ – das im Laufe des Projekts noch mit weiteren Dingen gefüllt wurde). Diese erste Stunde war eine sehr spannende – viele verschiedene Schätze wurden mitgebracht und der Klasse vorgestellt. Und die Kinder boten einen kleinen, aber faszinierenden Einblick in ihr Leben:

  • Stein (Erinnerung an Norwegen)
  • Foto von Freunden in Stockholm
  • Jonglierball (bei einer Clownsparty selbstgemacht)
  • Schwimmauszeichnung (Sie war die erste von mehreren Freundinnen, die Schwimmen gelernt hatte)
    sowie: Pinguin-Kuscheltier und ein Buch „Der goldene Kompass“
  • Kuscheltier-Leopard (Geschenk der besten Freundin aus der alten Schule)
  • Taschenlampe (Erinnerung an eine Messe)
  • Eiffelturm aus Eisen
  • Pokal (1.Platz bei Tennis-Turnier)
  • Beutel mit Edelsteinen
    sowie: Kuschelhase
  • Schlüssel (Fahrrad und Wohnung)
  • Kuscheltier-Tiger (Geschenk der Oma anlässlich der 1. Übernachtung bei dieser)
  • Foto eines BMWs (Lieblingsauto)
  • Foto von Freundinnen in Berlin (Besuch vor kurzem)
  • Muschel („bester Glücksbringer“ → Fundstück beim Mallorca-Urlaub; Krebs bewohnte diese, krabbelte dann aber auf den hingehaltenen Stein)
  • Kreuz aus Bronze (Erstkommunion)

(22. Juli 2oo8)

momentan [das ändert sich manchmal schneller als man denkt…] bin ich an dem punkt, dass ich diese beiden begriffe (und auch was dahinter steht) nicht synonym verwenden kann, sondern differenzieren muss.

  • ich-kisten: zu einem bestimmten zeitpunkt gefüllt, ermöglichen sie einen (natürlich immer nur eingeschränkten) blick auf das kind; interessen, themen, wichtigkeiten, bedeutsame menschen, etc. werden hier sichtbar. sie fungieren gewissermaßen als angebot der lernenden für den lehrenden, um interessen und (s)ich selbst als person darzustellen.
  • schatzkisten: werden ‹au fur et à mesure› gefüllt. sie enthalten wichtige arbeiten oder produkte, die einen wert oder erinnerungscharakter für die lernenden haben. der lehrende erhält zwar auch informationen über interessen oder themen der kinder; die kisten dienen aber viel mehr dazu, das lernen zu begleiten, entwicklungen zu dokumentieren und den kindern ihre fortschritte zu verdeutlichen.

die während des schulprojekts angelegten kisten umfassten beide funktionen [inhalt: 1) wichtiger gegenstand 2) ausgewählte werkstattprodukte]; dies führte zwar nicht zu verwirrung bei den schüler/innen, war aber doch so unklar, dass die arbeit mit den schatzkisten nicht wirklich umschrieben werden konnte. auf die frage danach, wurde entweder der inhalt repräsentant oder die inhalte werkstattprodukte genannt. eine verbindung wurde nicht hergestellt. die schüler/innen haben quasi von selbst diese qualitative unterscheidung vorgenommen…

das heißt für die schulpraxis im grunde: entweder/oder bzw. beides parallel nutzen. [hier ist zu bedenken, dass die inhalte der ich-kisten – d.h. themen und interessen der kinder – oft auch durch beobachtungen und (klassen-)gespräche ermittelt werden können…]

ich und die sprudelkisten

(2o. Juli 2oo8)

… soll es in diesem posting gehen – allerdings nicht in einem religiösen, sondern eher cinematographischen sinne: ich empfehle sehr den film everything is illuminated (unbedingt auf englisch gucken!), bei dem es (deswegen die notiz in diesem blog) um einen sammler & seine ‚forscherreise‘ geht sowie gewissermaßen auch um ich-kisten. hier findet ihr eine entsprechende kritik und anhand einiger photos einen ersten einBlick in den film.

(30. Juni 2oo8)

ich schrieb heute den kunstprofessor wegen der ich-kisten an, die er für sein seminar selbstbildnis anlegen ließ. er antwortete direkt, konnte mir allerdings keine weiterführende literatur geben, da die ich-kisten sozusagen eine ‹erfindung› von ihm sind…

doch schickte er mit den link zu einem warhol-projekt, das gewissermaßen der auslöser für die ich-kisten war. sehr interessant – ich empfehle jedem, der sich ein wenig für kunst oder aber portfolioarbeit im weitesten sinne begeistern kann, sich das projekt mal zu gemüte zu führen! faszinierend, was es da alles zu entdecken gibt!

und irgendwie:
der begriff ich-kisten gefällt mir fast noch besser als der der schatzkiste, da bei den ich-kisten der fokus noch viel mehr auf dem kind und seinen interessen liegt – was natürlich sehr gut zu einem subjektorientierten ansatz passt! wobei die schatzkiste, den wert des inhalts mehr hervorhebt…

hm, mal sehen, wie ich die das alles bei meiner arbeit noch integrieren kann.

(14. Juni 2oo8)

gelegentlich nutze ich anfallende ‚freistunden‘ gerne dazu, mir im kunsttrakt (neue ph) die austellungsstücke anzuschauen. besonders interessant finde ich dabei immer die dabei liegenden ‚projekttagebücher‘, die die entstehung und entwicklung der jeweiligen kreation dokumentieren! derzeit gibt es werke rund um das selbstbild. dabei bin ich in mehreren projekttagebüchern auf die ich-kisten gestoßen, die die studentInnen zu beginn des seminars anlegen sollten. hierbei handelt es sich um normale kisten (schuhkartons?!), die mit gegenständen gefüllt werden, die einem wichtig sind und sozusagen einen selbst widerspiegeln. ähnliches mache ich auch in meinem magisterarbeitsprojekt – wobei die schülerInnen hier erstmal nur einen gegenstand in ihrer schatzkiste mitbringen sollten, der ihnen wichtig ist. auf jeden fall werde ich an den ich-kisten dranbleiben und mich auch mal mit dem professor, der das kunstseminar leitete, in verbindung setzen.

Wenn aber Rechtschreibung und Zeichensetzung mehr Zeit gekostet haben, als die Auseinandersetzung mit Liebe, Frieden, Freiheit, Solidarität, Glück & Tod - und dann nicht mal gekonnt werden - , dann sollten Heranwachsende eine solche »Bildungsinstitution« nicht mehr so wichtig nehmen...

(Herbert Gudjons 2003, 207)

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