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Gestern hatte ich die Möglichkeit nach der Schule mal ein wenig Hortluft zu schnuppern oder – um es mit den Worten des Hortteams & der Hortkinder zu sagen: «Liebe Lehrer, das Hortteam und die Kinder würden Sie gerne im Rahmen der Kooperation zu einem ‹kleinen› Besuch im Hort einladen. Schön wäre es, wenn Sie direkt zum Mittagessen kommen, um gemeinsam mit uns zu essen. Vielleicht wollen Sie danach noch in die Hausaufgabenbetreuung oder die Spielzimmer schauen. […] Wir würden uns sehr über einen Besuch von Ihnen freuen!».

Ich habe mir richtig viel Zeit genommen und alle Punkte in Ruhe ‹abgehakt›, d.h. mit den Kindern gegessen, bei den Hausaufgaben geholfen und mit ihnen gespielt. Zwei Begegnungen waren für mich dabei sehr einprägsam:

Zum einen war dies die Zeit mit zwei Viertklässlern, die ich im Unterricht oftmals als sehr anstrengend, störend und unmotiviert wahrnehme. Zu Beginn meines Besuchs waren die beiden aufgedreht, haben Quatsch gemacht und teilweise recht patschige Antworten gegeben. Ich bat sie, mich doch mal durch den Hort zu führen und irgendwann – als wir zu dem Werkraum kamen, in dem sie mir ihre selbst gemachten Holzarbeiten¹ vorstellen konnten – bemerkte ich eine bisher nur selten erlebte Ernsthaftigkeit der beiden. Sie erklärten mir, welche Materialien und Werkzeuge für welche Altersstufe vorgesehen und was die zu erfüllenden Voraussetzungen für das Arbeiten an der Werkbank sind. In der Lese- und Spielecke fragten sie nach meinen Schachkenntnissen und brachten mir diese – da nur rudimentär vorhanden – mit einer ‹Vorführung› ins Gedächtnis zurück. Anschließend spielten wir zu dritt ein weiteres Spiel und ich erlebte ‹ganz nebenbei› die geduldige (und erstaunliche) Gelassenheit des einen Jungen mit einem jüngeren Mädchen, das immer mal wieder das Spiel zu unterbrechen suchte. Die bereits erwähnte Ernsthaftigkeit der beiden habe ich im Rahmen des Unterrichts erst einmal – bei einer sehr offenen Werkstatt – wahrgenommen und komme einmal mehr zu der Annahme, dass (gerade bei diesen beiden Kindern) nicht die Persönlichkeit, sondern empfundende und erlebte institutionelle Reglementierungen inneren und äußeren Widerstand hervorrufen.

Die zweite Begegnung fand im «Lustigen Zipf» statt. Dies ist ein kleiner Bereich im Essenssaal, welchen die Kinder als Café eingerichtet haben. Hinter einem Vorhang befindet sich der Trakt der Bediensteten, d.h. Büro für den Geschäftsführer, Küche für den Koch und das Servicepersonal; davor steht ein einzelner runder Tisch mit vier Stühlen, einer Tischdecke und einem adventlich geschmückten Kerzenteller.  An diesem Tisch darf ich Platz nehmen und erhalte direkt die Karte mit der Aufforderung ein Getränk sowie eine Mahlzeit auszuwählen. Die Bestellung wird entgegengenommen, notiert und in die Küche weitergereicht. Kurze Zeit später erhalte ich meine heiße Schokolade und ein Stück Gebäck – beides aus der Puppenküche geborgt. Nach dem Genuss von Kakao, Kuchen und Kerzenlicht, bitte ich darum zahlen zu dürfen, erhalte (unter der Hand) das erforderliche Spielzeuggeld und  (offiziell) die sauber aufgelistete Rechnung:

Begeistert, ob des tollen Services, gab ich ordentlich Trinkgeld. Ging allerdings mit der im Kopf herum geisternden Frage: Wenn das hier so toll klappt – warum haben die Kinder nicht die Möglichkeit, das auch ‹in Echt› zu machen?²

¹ Welche sich wunderbar für unsere Klugheiten-Präsentation eignen!
²Ich erwäge dies – nach meinen Prüfungen – in die Tat umzusetzen (und dabei als verantwortliche Betreuung zu fungieren). Und sei es nur ein Mal (im Monat).

Wenn aber Rechtschreibung und Zeichensetzung mehr Zeit gekostet haben, als die Auseinandersetzung mit Liebe, Frieden, Freiheit, Solidarität, Glück & Tod - und dann nicht mal gekonnt werden - , dann sollten Heranwachsende eine solche »Bildungsinstitution« nicht mehr so wichtig nehmen...

(Herbert Gudjons 2003, 207)

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